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DIETMAR

Meine landwirtschaftliche Geschichte

"Als mein Opa mich das erste Mal auf einen Traktor gesetzt hat, war mir klar, dass ich Landwirt werde!

Meine Großeltern väterlicherseits hatten hier im Ort einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb, wie ihre Eltern vor ihnen. Wahrscheinlich, wie in so einem kleinen Ort üblich, hatten die Generationen davor auch immer etwas Vieh und Land. Die Eltern und Großeltern meiner Mutter hatten Landwirtschaft in einem Nachbarort.

Als Kind hat mir mein Opa Richard alles beigebracht und ich war jede freie Minute bei ihm. Wenn nicht war ich bei meinen Großeltern im Nachbarort oder hier, Auf dem Eichels bei meinem Onkel, der ebenfalls Landwirtschaft hatte.

Altersbedingt mussten meine Großeltern irgendwann mit der Landwirtschaft aufhören und ich war leider noch zu jung, um diese zu übernehmen. Doch bei meinem Onkel konnte ich weiterhin helfen. Und als ich dann endlich 18 Jahre alt war und offiziell Traktor fahren durfte, half ich erst einem, dann zwei Milchbauern aus einem anderen Nachbarort.

Es war immer mein Traum, irgendwann selbst einen Hof zu haben, und ich habe diesen Traum nie aufgegeben. Mit Ende Zwanzig habe ich angefangen, den Mutterkuhbetrieb meines Onkels auf dem Eichels zu übernehmen. Nach und nach wurden über die Jahre aus den wenigen Kühen in der Anbindung immer mehr und der Stall wurde immer mehr ausgebaut, angebaut und umgebaut. Für meinen Traum habe ich nicht nur jede Menge Geld, nein, auch meine Freizeit und viele Momente mit der Familie geopfert.

Mein Ziel war es, irgendwann davon leben zu können und nicht noch Vollzeit in einem Beschäftigungsverhältnis arbeiten zu müssen. Daher kündigte ich meinen Vollzeitjob, arbeitet nur noch Teilzeit und schloss mich mit einem Milchviehbetrieb zusammen.

Mit diesem Betrieb waren zeitweise bis zu 100 Tiere hier im Stall, aber leben konnte ich immer noch nicht davon und die Arbeit am Hof wurde immer mehr. Mein Bestreben nach mehr trieb mich weiter an und ich arbeitete oft bis spät in die Nacht. Ich fand nicht immer alles toll, ohne hier näher ins Detail zu gehen, aber ich war in der Lage, diese Dinge auszublenden. Vieles gehörte dazu, musste sein, wurde hingenommen, wurde nicht in Frage gestellt, denn es musste ja weiter gehen.

Ich habe mein Leben dafür geopfert, ohne viel vom Leben gehabt zu haben.

 

Doch dann fanden Janina und ich zusammen und sie hat mich wach gerüttelt. Ich konnte es nicht mit ansehen, wie sie mit jedem Tier mitfühlte, und das Ausblenden war nicht mehr so einfach. Mit ihr und unserem Sohn sollte es anders werden."

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JANINA

Meine landwirtschaftliche Geschichte

"Die Eltern meiner Mama hatten hier im Ort einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb, die sie von den Eltern meiner Oma übernommen haben. Da meine Eltern diesen übernehmen wollten, verbrachte ich viel Zeit meiner Kindheit dort. Meine Mama half jeden Morgen und Abend beim täglichen Melken. Wir waren bei der Ernte von Heu, Silo, Stroh und Kartoffeln immer dabei.

In den Sommermonaten wurden die Milchkühe jeden Morgen nach dem Melken auf die Wiese gebracht und jeden Abend wieder rein geholt. Dass wir Kinder dabei geholfen haben, war ganz normal. Meine Großeltern und Eltern sind immer sehr ruhig, fürsorglich, mitfühlend und respektvoll mit den Tieren umgegangen, was leider nicht bei allen früher so üblich war - und es auch heute nicht ist.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass meine Mama mich den Schwanz einer Kuh öfter hat waschen lassen, damit ich beim Melken auch eine Aufgabe hatte.

Als Kind habe ich mich nicht immer gefreut, wenn wir wieder Heu oder Stroh machen mussten, wenn die anderen Kinder ins Schwimmbad gefahren sind. Aber es gehörte dazu und wurde gemacht.

Meine Großeltern und Eltern haben irgendwann gemeinsam die Entscheidung getroffen, dass sie die Milch nicht mehr verkaufen und auf Mutterkuhhaltung umstellen wollten. Der Stall wurde dafür für die Mutterkühe zum Teil umgebaut zu Laufställen.

Ich habe 10 Jahre etwas weiter weg gewohnt und viel gearbeitet. Somit hatte ich nur sporadisch, zur Ernte oder größeren Aktionen, mit dem Hof zutun gehabt. Nachdem ich 2014 wieder zurück nach Hause kam, wurde es wieder mehr. Und 2015 kam dann alles anderes…  Der Plan und Traum meiner Eltern war für's Alter eine schöne kleine Angus Herde, damit die Rente auch nicht langweilig wird.

Doch dann wurde mein Vater sehr krank und meine Mama konnte die Arbeit nicht alleine so weiter machen. Mein Opa war schon einige Jahre verstorben und meine Oma war ja auch nicht mehr die Jüngste. So half ich immer mehr und fühlt mich auch sehr wohl dabei.

Irgendwann jedoch mussten wir die Entscheidung treffen, dass der Umgang mit den großen Tieren für uns so nicht mehr ging. Es war für die Oma zu gefährlich, aber ohne Tiere auf dem Hof konnte sich auch keiner vorstellen.

Dietmar hat meinen Eltern immer mal wieder geholfen, hat Arbeiten übernommen, die mein Vater nicht mehr machen konnte. So kamen Dietmar und der Milchbauer auf uns mit der Idee zu, wir könnten ja ein paar Kälber für ein paar Monate bei uns im Stall versorgen - was meine Mama, Oma und ich für eine ganze Zeit lang gemacht haben. Irgendwann bin ich nur noch Teilzeit arbeiten gegangen, um mehr Zeit für die Familie und die Arbeit am Hof zu haben.

 

Dietmar und ich lernten uns besser kennen und verbrachten mehr Zeit zusammen. Wir verliebten uns und schnell war klar, dass wir eine gemeinsame Zukunft wollen. Wir gründeten eine Familie und wir unterstützten uns immer mehr gegenseitig auf den Höfen. 

 

Leider ist es ja aber so, dass wenn man viele Tiere hat, auch mal nicht so schöne Dinge passieren. Ich war mit jedem Tier krank, fühlte jeden Schmerz, trauerte - es hatte so keine Zukunft. So kam es auch dazu, dass wir keine Kälber mehr bei meiner Mama auf dem Hof aufgezogen haben, da mein Herz zu sehr an ihnen hing.

Dietmar konnte das nicht mit ansehen und er wollte eine Zukunft mit mir und unserem Sohn. Er hat seinen Traum, dass die Landwirtschaft irgendwann sein Leben finanziert, aufgegeben."

WIR

Unsere gemeinsame Geschichte

"Dietmar und ich haben also den Entschluss gefasst, nicht mehr mit dem Milchviehbetrieb zusammen zu arbeiten. Wir wollten einen kleinen Mutterkuhbetrieb aufbauen und investierten in die Anschaffung der Rinder, Kühe und zogen selbst auch noch ein paar Kälber groß. Wir haben über die Jahre einige Kälber auf die Welt gebracht und viel viel viel dafür getan, dass der kleine Betrieb auf dem Eichels existiert. 

Leider gab es auch einige nicht so schöne Dinge - Verluste, die nicht nur den Geldbeutel, sondern auch das Herz haben bluten lassen.

Finanziert haben wir den Betrieb unter anderem durch Schlachtungen, den Verkauf von jungen Rindern. Doch leider hat das nie gereicht und wir mussten zusätzlich immer Geld drauf zahlen. 

Irgendwie haben wir immer alles hin bekommen aber unter welchen Umständen? Es kann doch nicht sein, dass man immer nur arbeitet, kaum Freizeit hat, nicht in den Urlaub fährt und oft einfach nur müde in Körper und Geist ist und man trotzdem nur rote Zahlen auf dem Konto hat.

Wir haben viele Dinge akzeptiert, Dietmar hat die Kunst, an Dinge schnell einen Haken dran zu machen, aber alles möchte man einfach nicht hinnehmen.

 

Ich habe immer gesagt, wenn wir im Lotto gewinnen, machen wir hieraus einen Lebenshof und alle können hier ihr Leben genießen. Doch dann sagte mir Dietmar in einem der hitzigen Gespräche, in denen wir darüber redeten, den Betrieb aufzugeben, dass wir es doch einfach versuchen sollen, jetzt schon einen Lebenshof zu führen. Und daran arbeiten wir jetzt."

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EINBLICKE IN DIE GESCHICHTE UNSERES HOFES

"Zu Zeiten meiner Urgroßeltern wurden noch Ochsen vor den Karren gespannt."

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